Freitag, 29. November 2013

Nationalmuseum und Entoto

Der Morgen ist recht entspannt. Ich greife mir Melkamu und schlage vor, ins Nationalmuseum zu gehen. Die Fahrt dorthin ist relativ lang, es macht klar wie großflächig die Stadt ist. Wir müssen mehrfach den Minibus wechseln bis wir endlich da sind.
Minibusse sind Kleintransporter von Toyota, Mitsubishi usw. mit Platz für ca. 12 Passagiere. Wie viele Passagiere letztendlich im Bus transportiert werden steht auf einem anderen Blatt Papier… Die Busse haben bestimmte Routen, Das Ziel der Route steht wohl auf einem Schild am Bus. Allerdings nur auf Amharisch, unsereins ist da aufgeschmissen. Vielleicht käme ich mit englisch weiter, aber Melkamu organisiert das alles für mich. Manchmal kämpft er wie ein Löwe um die besten Plätze. Die Busse halten auf ihrer Route offensichtlich nach Belieben: Wenn einer raus will, sagt er das an, wenn einer rein will, winkt er kurz. Alle Minibusse haben irgendwelche Jesusbildchen auf der Frontscheibe und auf der Scheibe vorm Tacho, auf der Heckscheibe prangen so nette Sprüche wie „In God we trust“. Man bewegt sich also eher mit Gottes Hilfe durch das Verkehrsgewühl als mit Hilfe irgendeiner Straßenverkehrsordnung die eh nicht eingehalten wird.
Auf dem Weg bekomme ich das Stadion gezeigt, Wie am Vortag schon sehe ich viele, viele Läden und jede Menge Straßenverkäufer. Ich gewöhne mich etwas an das Bild. Ab und zu tauchen auch völlig elende Gestalten auf, amputierte Gliedmaßen usw. Aber ich bekomme immer wieder gesagt, nicht darauf zu reagieren. Sonst hat man sie allesamt an der Backe.
Das Nationalmuseum beherbergt Lucy, das älteste menschl. Skelett. Bzw. eine Teilmenge des Skeletts- Darüber wird der geschichtliche Bogen geschlagen bis in die Neuzeit, alle Monarchen von Äthiopien. Insbesondere Haile Selassie, er ist offensichtlich der verehrteste von allen. Er ist nebenbei der Messias der Rastafari..
Zunächst bewegen wir uns die Straße entlang zu einem geeigneten Stellplatz Platz, an dem den Minibus besteigen kann. Auf dem Weg dorthin besuchen wir den Löwenzoo. Dort wurde zu Kaisers Zeiten die kaiserlichen Löwen gehalten. Die Gehege sind aber alles andere als schön anzusehen, die vorhandenen Tiere vegetieren mehr dahin als dass sie artgerecht gehalten würden. Es gibt dort noch einige Affen und Vögel zu sehen, aber es macht keinen Spaß. Die Käfige sind immer wieder zusammen geflickt und sehen einfach erbärmlich aus. Somit fällt der Besuch recht kurz aus.
Der Minibus kann nur im ersten Gang fahren. Der Bus muß eine Serpentinen hochfahren und bietet einige tolle Ausblicke auf die Stadt. Die Straße ist gefüllt von Menschen, die in den umliegenden Eukalyptuswäldern die vertrockneten Blätter aufgesammelt und als Brennstoff in der Stadt verkaufen wollen. Einige Frauen tragen auch schwere Rollen aus Zweigen auf dem Rücken, die Rollen sind durchaus 2,5 m breit.
Oben steht die Kirche Entoto Maryam Church. Sie war wohl Sitz von Kaiser Menelik. Ganz nett anzusehen aber für meine Begriffe wird dort oben für Äthiopische Verhältnisse ein deutlich zu hoher Eintritt verlangt, zumal ich das Museum nicht unbedingt sehen möchte. Es dreht sich dort darum, dass Kaiser Menelik II einen Herrschaftssitz hatte, seine Frau wollte runter ins Tal, was der Beginn der Stadt Addis Abeba war.
Ein kurzes Foto von der neben dem Palast stehenden 8-eckigen Kirche und dann gehen wir etwas an der asphaltierten Straße weiter. Der Verkehr beschränkt sich auf einige Fußgänger. Selbst hier oben versuchen die Leute noch irgendwas zu verkaufen, meist Obst oder Gemüse, aber auch Plastikeimer, Tücher, oder Kaffee. Die Behausungen sind ärmlich, meist aus Wellblech, aber auch einige aus Lehm. Dafür haben die meisten Bewohner dort Gärten, in denen sie versuchen irgendwas anzupflanzen. Wir kommen an einem Feld vorbei, das Getreide sieht fast aus wie Gerste, das ist Teff, woraus ja Injera hergestellt wird. Thuja und eine kamilleähnlich duftende Pflanze fallen mir noch auf. Am Ende sehen wir die Kirche St. Raguel, auch hier wollen die Leute heftigen Eintritt haben. Der Tourismus macht die Preise kaputt. Der Rückweg gerät zum Spaziergang, schließlich geht es jetzt überwiegend bergab. Die frische Luft trägt zur Erholung bei, gerade bin ich sehr froh dass es mal leiser ist. Ein Kinderdorf ist nett anzusehen. Mit dem Minibus geht es dann zügig wieder in die Großstadt, an der amerikanischen Botschaft und am Nationalmuseum vorbei, zum Stadion. Ein kleiner Fußmarsch, dann kehren wir in einer Bar ein. Zwei Bier, eine Injera-Platte für 60 Birr – 2,30€. Diesmal fahren wir mit dem richtigen Bus Richtung Heimat. Auf der Busfahrt habe ich ein sehr nettes Gespräch mit einem Äthiopier, er hat einen motorradfahrenden Freund aus Deutschland und erzählt mir ein wenig über Addis Abeba, das schnelle Wachstum der Stadt, den Metrobau, den Bauboom usw. Sehr interessant.


Nach dem Museum habe ich einen Besuch bei der Entoto Maryam Church angemeldet. Melkamu schlägt die Hände über dem Kopf zusammen, ich verstehe noch nicht, wieso.
Entoto Maryam Church ist eine orthodoxe Kirche oben auf dem Berg. Entoto ist ein langer  Bergrücken nördlich von Addis, etwa 3000 m hoch. Die Fahrt dorthin habe ich mir deutlich kürzer vorgestellt, auf der Karte sieht das ziemlich nahbei aus, es ist aber ziemlich weit und der Höhenunterschied beträgt doch 700m. Deshalb hat Melkamu auch so entsetzt reagiert. Zunächst passieren wir jede Menge Klamottenstände und Läden, Irgendwo dort ist auch die Botschaft der Vereinigten Staaten von Amerika, ein sehr sauberer und gepflegter Prachtbau. Später kommen immer einfachere Wohnhäuser und dann Eukalyptuswald- Entoto war wohl früher gut bewaldet. Die Menschen von Addis Abeba haben aber so viel Brenn- und Bauholz gebraucht, dass der Wald ruckzuck keiner mehr war. Die Stadt beschloss Ende des 19.Jhdts. eine Wiederaufforstung mit Eukalyptus weil der Baum schnell wächst. Das ging aber nach hinten los. Der Baum hat eine breitgefächerte Wurzel, aber erst in knapp 1 m  Tiefe, außerdem braucht der Baum viel Wasser. Er entzieht dem Unterholz das Wasser, es geht kaputt, die Oberfläche liegt brach da und ist also der Erosion preisgegeben. Als nächstes liegt die Wurzel frei, der Baum geht kaputt. Das kann man da oben sehr gut nachvollziehen.

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