Donnerstag, 28. November 2013

Neues aus Addis, Bericht vom ersten Tag Teil 2

Nach einem leckeren Frühstück chille ich noch ein wenig herum. Ich fühle mich ein wenig schlapp, müde. Welch Wunder, habe ich doch die Nacht vor der Reise fast nicht geschlafen. Gegen Mittag entschließe ich mich dann doch mal eine kleine Runde hier im näheren Umkreis zu drehen. Auf dem Hügel, den ich aus dem Zimmer heraus links sehen kann liegt eine orthodox-äthiopische Kirche. Ein Platz, von dem aus man einen etwas weiteren Überblick über die Stadt haben dürfte. Der Wächter, Melkamu, ist bereit um mitzugehen, er soll ja auf mich aufpassen. Er kann kein Wort Englisch, nur Amharisch. Also benutzen wir Hände, Füße, archaische Laute zur Verständigung. Er versteht meine Verwunderung für manche Sachen – dafür ist ja nur ein Blick in mein Gesicht nötig. Die Nebenstraßen sind staubig, irgendwann geht es auf einen Trampelpfad den Berg rauf. Immer wieder drehe ich mich herum und sehe dort das südwestliche Addis Abeba von oben. An der Kirche kommen einige Gläubige herbei, einige gehen, einige meditieren. Es ist ständig etwas los. Beim Gang um die Kirch ist hier und da tatsächlich ein Blick auf Addis Abeba zu erhaschen, aber leider sind die Bäume zu hoch. Eukalyptusbäume, wie ich leicht beim Zerreiben der jungen Blätter feststellen kann. Ich kann den Flughafen sehen, bekomme gezeigt wo Zentrum und Mercato sein müßten.
Wir gehen auf der anderen Seite des Berges runter, dort ist ein wenig Treiben, ein Supermarkt – nichts Aufregendes. Es verliert sich alles in gedeckten Farben, sieht etwas trostlos aus. Dies wird unterstrichen von jede Menge Häusern im Bau. Extrem viele Baustellen liegen brach, nur wenige Baustellen auf denen tatsächlich gearbeitet wird. Zwischendurch auf der Straße vegetieren ein paar Pferde dahin. Die Beine sind mit Geschwüren voll und sie stehen einfach im Weg und bewegen sich nicht mehr. In Äthiopien wird Vieh, das nicht mehr zu gebrauchen ist, einfach freigelassen. Töten geht nicht, also vegetieren die Tiere dahin.
Weil es vom Supermarkt bis nach Hause doch etwas weiter ist beschließen wir mit dem Taxi zu fahren. Es gibt den Linienbus, Busse normaler Größe und ähnlich voll oder leer wie bei uns, dann den Minibus, das ist ein Toyota in blauer Farbe, meist mit etlichen Roststellen und verbeult, das Taxi, zumeist ein Lada, aber auch alte Peugeot 305 o.ä., so richtig rostig. Aber das alles ist zu teuer, deshalb gibt es noch eine Klasse kleinerer Taxen, die Dreiräder. Melkamu organisiert das Ding. Nicht dass es schon abenteuerlich genug wäre, mit 2 Passgieren das Ding zu besetzen und dann noch einen Fahrer dabei zu haben, mir wird bedeutet, dass da noch jemand dazu steigt, also mach ich Platz. Wir sitzen nun zu dritt hinten. Ok, denke ich, sozial, man teilt sich das Taxi. Der Fahrer bringt aber noch weitere 2 Personen mit, die sitzen rechts und links von Fahrer, der beim Fahren nur noch auf dem Steißbein sitzt und irgendwie Motor und Lenkung quält. Aufgrund der geringen Geschwindigkeit tuckert das Teil am rechten Fahrbahnrand entlang auf einen Kreisverkehr zu. Offensichtlich hat der Fahrer Sorge dass das Ding umkippt oder seine Lenkung ist nicht so der Brüller, auf jeden Fall hält der Kerl quasi gerade aus, schneidet den Kreisverkehr, der drei Fahrbahnen breit ist, mal eben innen, und schert gegenüber wieder quer auf die rechte Seite. Die übrigen Verkehrsteilnehmer nehmen das mit Gelassenheit, offensichtlich kennen die das. Ich weiß grad nicht ob ich beeindruckt sein soll oder doch besser Hilfe brüll. Aber wir werden wunschgemäß kurz vor zu Hause abgesetzt. Poooh…
Zu Hause lerne ich, dass quasi jeder bessere Äthiopische Haushalt 2 Küchen hat. Eine Kochküche und eine Repräsentationsküche. Wegen der Essengerüche im Haus. Obwohl: Es duftet lecker als das Essen bereitet wird. Zu fast jedem Essen wird die Nationalspeise mitgedeckt: Injera. Das ist ein Teigfladen, der aus vergorenem äthiopischem Getreide – Teff - hergestellt wird. Der Teig ist von der Konsistenz etwas reißfest und ziemlich labberig. Der Fladen schmeckt leicht sauer. Man nimmt ein abgerissenes Stück in die Finger und hebt damit die Beilage auf, die heute so aussieht wie Couscous, etwas spicy. Aber lecker.
Am Nachmittag begleite ich Frank in den Supermarkt. Soo groß fand ich den jetzt nicht, Frank erzählt mir, dass dies ein ganz neuer und mit der größte von Addis Abeba sei. Im Wesentlichen kauft man in keinem Büdchen ein, die ihr Angebot ziemlich eng gepackt auf kleinem Raum anbieten. Das werde ich wohl später noch sehen. Preise? Fast auf europäischen Niveau. Weintrauben sind heftig teuer, eine Rebe, die weniger als ein Kilo schwer ist, soll umgerechnet über 8€ kosten. Erdbeeren kosten keine 2€ das Kilo. Aber auch alles andere liegt in Bereichen die durchaus auf europäischem Preisniveau. Bedenkt man nun, dass 2000 Birr – die äthiopische Währung, 25 Birr = 1 Euro – ein hoher Verdienst bei den einfachen Leuten ist, dann ist Addis Abeba für sie ein teurer Fleck zum Leben. Es muß also irgendwo Einkaufmöglichkeiten für die einfache Bevölkerung geben. Ich hab sie noch nicht gesehen.
Am Nachmittag erlebe ich eine Kaffeezeremonie. Ich der Nicht-Kaffee-Trinker… Ich habe die Hoffnung dass der Kaffee schmeckt. Aber allein die Zeremonie mit zu erleben ist es wert, den Kaffee im Zweifel runter zu schlucken. Das Feuer ist bereitet, ein kleiner Holzkohleofen. Die grünen Bohnen liegen in einer Pfanne, deren Boden durchlöchert ist. Die Bohnen werden nun geröstet. Immer in Bewegung, bloß nicht anbrennen lassen. Gut auf den Kaffee aufpassen – das ist eine intensive Beschäftigung. Neben dem Röstduft wird ein wenig Weihrauch verbrannt und verbreitet ebenfalls den typischen Geruch. Die Mischung mit dem Kaffeerostduft ist sehr angenehm. Nach einiger Zeit sind die Bohnen fertig. Die Pfanne wird herumgetragen, alle dürfen sich davon überzeugen dass die Bohnen nun richtig geröstet und nicht angebrannt sind und wohlig duften. Danach werden die Bohnen gemahlen und das Pulver in Wasser aufgekocht. Das ist ebenfalls ein nicht unerhebliches Unterfangen und dauert auch seine Zeit. Nachher wird das Ergebnis noch ein wenig stehen gelassen damit der Kaffeesatz sinkt. Der Kaffee wird in einer kleinen mobilen Puppenküche in kleinen Tassen und mit Zucker serviert. Ich habe einen milden, wenig bitteren, cremigen Kaffee mit einem Abgang wir kräftigen Kakao. Später fügt Frank noch einen kleinen Gewürzzweig zu, das verändert den Geschmack in exotische Schokolade. Sehr intensives Erlebnis.
Der Tag klingt aus mit erfolgreichen Internetverbindungsversuchen, einem Schluck Whisky und einer Planung für die nächsten Tage – und das verheißt mächtig viel zu sehen! Um halb elf abends fällt der Strom aus, es ist zappeduster. Wie gut, dass ich meine Kopflampe dabei hab…

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