Dienstag, 30. September 2014

Mototour 2

Der eigentliche Plan war heute zur Abwechslung – gestern Landwirtschaft – pralles Stadtleben zum Wochenenanfang. Mercato. Aber Pläne sind manchmal Schall und Rauch. Es ist der Fall eingetreten dass die Vorräte an Babynahrung zur Neige gegangen sind und in der ganzen Stadt keine qualitativ gute Babynahrung zu haben ist. Über Vitamin B hat Frank etwas organisiert und das muss Melkamu nun holen fahren. Deshalb steht er uns nicht zur Verfügung. Frank ist arbeiten, Asni ist auch mit irgendwas einkaufen beschäftigt. Also müssen wir schauen was wir machen. Was liegt näher als sich wieder auf das Moto zu schwingen und heute woanders lang zu fahren. Wieder Richtung Südwesten, die ersten km sind auch gleich. Ich stelle fest dass ich Führerschein und Papiere vergessen habe – was solls. Die Straße gabelt sich aber nach ca 14 km und diesmal nehmen wir die linke Abzweigung. Zuerst durch eine Geschäftsstraße, dann über eine Baustelle, etwas Industrie wird die Bebauung bald einfacher und weniger, die Landschaft hügelig, die Straße leicht geschwungen. Obwohl wir nur wenige km von der gestrigen Route entfernt fahren ist die Landschaft grüner, die Gärten bzw. Grundstücke sind anders angelegt. Zum Teil werden sie von kleinen Mauern umgeben. Wenn es ein wenig bergauf geht muss das Motörchen ganz schön ackern. Nun ist die Maschine auch relativ neu und ich will sie nicht in allzu hohen Drehzahlbereichen bewegen. Also tuckern wir mit gemütlichen 50 – 70 km/h durch die Gegend. Die anderen Verkehrsteilnehmer sind schneller unterwegs, auch in bewohnten Gebieten wird das Tempo kaum gedrosselt. Wir genießen die Ausblicke, die sich von den höher gelegenen Straßenabschnitten ergeben, rollen bergab, durchqueren das ein oder andere Dörfchen, die in Google maps schon gar nicht existieren obwohl sie deutlich größer sind als Herrig…. In den Dörfern sind überall Menschen unterwegs, dort wo Menschen sind wird auch Vieh getrieben. In Awash sehe ich wie ein Ochse einfach die Straße überquert. Er will nicht so wie sein Treiber. Das wäre alles nicht so schlimm wenn da nicht gerade ein Bus die Straße entlang käme. Ochse und Bus kommen einander immer näher. Der Ochse immer weiter, der Bus hupt und beginnt auszuweichen, der Ochse bleibt stur und läuft. Der Bus mag noch 40 – 50 km/h drauf gehabt haben und der Ochs rummst mit seinem Gehörn vorne links an den Bus und schrabbt ein wenig an der Seitenwand entlang. Poooh, das scheint so weit ohne schlimmere Folgen abgelaufen zu sein, etwas benommen trottet der Ochse weiter.
Irgendwann sehen wir das Schild Melkam Kuntura, es handelt sich um ein Museum zum Thema prähistorische Ausgrabungen in der Welt, Afrika, Äthiopien und eben genau dort. Unweit der 4 Ausstellungshäuser befindet sich eine original Ausgrabungsstätte.
Naja, mit den vorhandenen Mitteln versuchen sie etwas zu vermitteln. Die selbstgebastelten Schildchen, die erläutern sollen, was da ausgestellt ist, lassen sich nicht richtig falten oder sind umgefallen, verblichen oder sonstwas. Mit ein wenig englisch versucht man sich zu verständigen.
Wir fahren weiter. Bei einer Pause mit Kaffee, Limo, Cola wird der Flüssigkeitshaushalt wieder auf Vordermann gebracht, dann folgen wir dem Schild Adadi Maaryam Church. Aus dem Reiseführer wissen wir dass es sich um eine Felsenkirche handelt. Nach dem Schild sind 12 km Piste zurück zu legen. Es beginnt der landschaftlich schönste und insgesamt urtümlichste Abschnitt. Wenn wir mit dem Motorrad langsam fahren kommen von überall her kleine Kinder, winken, lachen und rennen. Leider betteln sie alle, man hört immer moneymoneymoneymoney. Bleibt man irgendwo stehen scharen die Kinder sich ganz nah herum. Die Älteren beobachten uns, ich winke und mache irgendwelche Gesten, damit breche ich ein wenig das Eis, die Leute winken meistens zurück. Es ist ein sehr herzliches Begegnen.
In Adadi sehe ich ein Schild irgendwas mit Adadi Maaryam, bin aber schon vorbei, fahre über den Marktplatz wo alle Menschen staunen, kehre um, wieder über den Platz, wieder zum Staunen der Menschen, die Kinder rennen wieder herum und betteln, das Tor geht bei diesem Adadi MAaaryam Dingsbums auf und ich bin froh, da zu sein. Wenig später stellt sich allerdings heraus dass wir an der Schule gelandet sind. Ich frage höflich wo wir denn die Kirche finden, man bedeutet uns: Am Ende des Dorfes. Bedeutet: Umdrehen und das dritte mal über den Platz. Wieder drehen sich alle um. Jetzt landen wir vermutlich doch auf der Titelseite des regionalen Käseblattes. Ich frage noch mehrmals wo denn nun die Kirche ist. Die Menschen zeigen in verschiedene Richtungen und irritieren mich damit vollends. Irgendwann habe ich zwei gleiche Antworten. Allerdings habe ich nicht bedacht, dass Äthiopier niemals den Gesichtspunkt eines Motorradfahrers eingenommen haben, sie schicken uns auf dem Fußweg hoch, da wo das Möppi aber so haarscharf durch passt und der Weg alles andere als eben ist.
Gefunden.
Wir stellen das Möppi auf dem Gelände ab und lassen es mit etwas Bakschisch gut bewachen. Ein Führer begleitet uns zur Kirche, die monolithisch aus dem Fels gehauen ist. Wir müssen zunächst ein paar Treppenstufen hinab steigen um dann die Kirche - ohne Schuhe - betreten zu können.
Vom Grundriss her sieht man zunächst einen äußeren ein Säulengang. Auf der Seite mit dem Eingang befinden sich bei einer Feier die Geistlichen, im linken Gang die Männer und im rechten Gang die Frauen. Wir durchschreiten die Gänge. Die inneren Räume, durch von den Säulengängen aus sichtbaren Türen zugänglich, beherbergen u.a. die Requisiten der Geistlichen und Messdiener. Ich hab da wohl zu doll nachgefragt, jedenfalls öffnet der Führer plötzlich den ersten Raum. Neben großen Marienbildern sind Schirme und Fahnen gelagert. Der Führer nimmt einen Stock und eine Rassel und erklärt uns, dass bei einer Prozession die Geistlichen mit diesen Sachen durchs Dorf ziehen. Er macht es uns vor und singt unvermittelt ein Halleluja im äthiopischen Singsang. Dabei ertönen wohl auch Trommeln, die ebenfalls da herumliegen. Also: Trommel übergehangen und wieder Hallelujah gesungen. Anschließend dürfen wir trommeln. Toll.
Wir verlassen die Kirche und das Dorf und genießen noch einmal intensiv Land und Leute entlang der 12 km Piste. Der viele Staub fordert seinen Tribut und bei der nächsten Gelegenheit gönnen wir uns noch eine Limo.
Danach geht es auf den Rückweg nach Addis Abeba.
Ohne lange nachzudenken der bis jetzt schönste Tag in Äthiopien…


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