Heute bin ich von Melkamu in sein zu Hause eingeladen. Wir verbinden
das mit einer Reparaturarbeit in Franks ehemaligem Haus. Es befindet sich am
anderen Ende von Addis Abeba, im ziemlich äußersten Nordosten. Es ist Sonntag
und deshalb deutlich weniger los auf den Straßen so dass wir gut auf der
Ringautobahn um Addis herum kommen. Ein paar mal um die Ecke, dann sind wir
da. Das ehemalige Haus gleicht einer Residenz es besticht durch edle
Ausstattung. Der künstliche Kamin muss repariert werden. Das funktioniert
aber leider nicht, weil das Teil, was eingesetzt werden soll, durchgebrochen
ist. Aus welchem Grund auch immer.
Nach dieser nutzlosen Aktion trennen wir uns, Frank und Asni besuchen den Militärattaché in Addis Abeba, der ranghöchste Bundeswehrsoldat in Äthiopien. Unter anderem soll das Treffen dazu diesen, eine Zusammenarbeit für das humanitäre Hilfsprojekt Attat Hospital anzubahnen, die Bundeswehr soll die Transporte übernehmen. Melkamu führt mich stolz zu seinem Haus, das in den Augen eines Westeuropäers einer Abstellkammer im Hinterhof gleicht. Da ich eingeladen bin darf ich es betreten und seine Frau hat bereits mit der Kaffeezeremonie begonnen. Ich begrüße sie und werde gebeten Platz zu nehmen. Dafür stehen eine Truhe, ein paar Schemel, ein Polsterhocker und eine Holzkiste bereit. In der Mitte ein Tisch, an der Wand ein Sideboard, darauf der obligatorische Fernseher dar natürlich auch laufen muss, obwohl das Bild total verschneit ist. Hinter den Schemeln und dem Polsterhocker hängt ein Vorhang, dahinter befindet sich das Bett. Das war’s auch schon. Kein Wohlfühlambiente, keine Accessoires außer einem künstlichen Blumenstrauß. Die Konversation läuft mangels Amharischkenntnisse meinerseits und nur geringer Englischkenntnisse auf der anderen Seite extrem basal ab. Insgesamt laufen 6 Kinder auf, 2 von Melkamu und der Rest aus der Nachbarschaft. Etwas später kommt eine Nachbarin hinzu – sehr hübsch … Melkamu schickt einen Jungen mit einer Kanne und etwas Geld los, er kommt bald zurück und mein Gedanke ist: Wow toll, er hat Orangensaft für die Kinder holen lassen, denn die Erwachsenen trinken ja Kaffee, das ist nix für die Kinder. Ich befinde mich auf dem Holzweg und hab wieder zu europäisch gedacht. In Äthiopien werden der Hausherr und sein Gast bewirtet, die Familie ist entweder später oder gar nicht dran. Außerdem ist das kein Orangensaft, das Zeug heißt Tedj (sprich: Tedsch). Tedj ist ein Honigwein, geschmacklich etwa wie ein kräftiger Orangensaft mit Sekt einzuordnen. Wieviel Umdrehungen das Zeug hat – keine Ahnung. Ich merke aber schon nach dem ersten Schluck, dass das heiter werden kann und habe ein 0,3l-Glas vor mir, das unter Ausnutzung der Oberflächenspannung gefüllt ist. Wie ich das jetzt noch zum Mund führen soll – keine Ahnung, Tapfer starte ich den Versuch und lande einen Achtungserfolg, es gelingt mir ohne etwas zu verschütten. Melkamu hat ein kleines Glas und auch das nur 2/3 voll. Zwischenzeitlich ins der Kaffee fertig, außerordentlich geschmackvoll und wieder ohne bitteren Geschmack, klasse wie die Frauen das hinbekommen. Dazu gibt es reichlich Kuchen, in der Konsistenz eher wie Brot und ohne Salz. Etwas fad, passt aber ausgezeichnet zum Kaffee, weil keine Geschmacksverfälschung stattfindet. Immer wieder einen Schluck Tedj zwischendurch. So langsam spüre ich das Zeug, mir wird warm. Das Glas ist halb voll/leer, da macht Melkamu es wieder voll. Sch… das kann echt heiter werden. Nebenbei bekomme ich mit wie seine Frau eine Zwiebel und eine Tomate schneidet, messe dem Ganzen aber keine Bedeutung bei, erfreue mich an der zweiten Tasse Kaffee, immer noch ein Schlückchen Tedj, Kuchen, achso: ganz wichtig zum Kaffee ist Popcorn, es wird haufenweise auf den Tisch gestellt und ist ein Muss zum Kaffee. Also auch davon noch was, kunterbunt gemischt. Ein paar lustige Gespräche über Kinder, Erlebnisse in Äthiopien, herumreichen von Fotos auf dem Bildschirm der Kamera später hab ich aus heiterem Himmel einen Riesenteller mit Injera und einer leicht scharfen Tomaten-Zwiebel-Hackmischung vor mir auf dem Tisch. Zum Essen gehört das Händewaschen, die rechte wird mit etwas Wasser aus dem Krug überschüttet, abtrocknen braucht nicht, nun wird ja sowieso gegessen. Nun also Tedj, Kaffee, Kuchen, Popcorn, Injera im fröhlichen Mix und wehe man möchte aufhören zu essen oder zu trinken, dann wird der Gast halt gefüttert (!!). Melkamu stopft mir Injera mit Füllung in den Mund und alle sind zufrieden. Und das ist nicht lustig oder spaßig gemeint, das gehört so wenn man in Äthiopien gute Freunde empfängt. Tedj hat bereits ordentlich Wirkung, die Kanne ist leer, mein Glas immer voll, die hübsche Nachbarin neben mir und wird immer hübscher, hat ihren ca. 1,5 Jahre alten Jungen auf dem Arm und mitten in dem ganzen Trubel fängt sie ihn an zu säugen. Ich muss meine Blicke auf andere Sachen konzentrieren, das gelingt mir nicht immer. Melkamu hätte überhaupt keine Hemmungen, eine neue Kanne Tedj für mich besorgen zu lassen, ich winke ab, sonst hätte ich keine Hemmungen mehr mit der Nachbarin und auch andere Sachen würden sich meiner Kontrolle entziehen. Essen kann ich beim besten Willen nicht mehr und verkünde dies mit einem „Baka“, Amharisch für „genug, finish, Ende“. Gott sei Dank akzeptieren alle mein Baka und der Teller wird abgeräumt, nochmal wird die Hand kurz abgespült. Trocknen kann sie von selber. Ein Anruf von Frank erlöst mich aus den Klauen dieser herzlichen Gastfreundschaft und ich spüle den letzten Schluck Tedj runter. Die Verabschiedung gerät herzlich bis überschwänglich. Ich habe nicht ganz begriffen ob der Bau, der Melkamus zu Hause ist, auf einer Baustelle steht oder wo ich mich befinde, ich folge einfach Melkamu bis wir wieder auf der Straße sind, wo, Frank uns einsammelt. Der Abend klingt mit Bier und Jägermeister aus, Verdammte Hacke, die Kilos bekomme ich nie wieder runter!!! |
Sonntag, 15. Dezember 2013
09.12.2013 - Zu Besuch bei Äthiopiern
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